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Dr. Werner Schulz (1932-2018)


Dokumentationszentrum Demmlerplatz

Nachruf Dr. Werner Schulz (1932-2018)

Nachruf Dr. Werner Schulz (11. August 1932 - 21. Dezember 2018)

Erst vor kurzem erreichte uns die traurige Nachricht, dass Dr. Werner Schulz am 21. Dezember 2018 im Alter von 86 Jahren gestorben ist. Mit Dr. Werner Schulz verlässt uns ein bedeutender Unterstützer der Bildungsarbeit im Schweriner Dokumentationszentrum am heutigen Demmlerplatz.

Werner Schulz arbeitete nach Schule, Studium und Promotion im VEB Geologische Forschung und Erkundung. Als anerkannter Spezialist für das Quartäre Eiszeitalter machte er sich mit seinen Forschungen und Veröffentlichungen national und international einen Namen. Um seinen fachlichen Kenntnisstand zu erweitern, war er daran interessiert, auch die eiszeitlichen Vorgänge in den Nachbarstaaten zu studieren. Aus diesem Grunde unterhielt er persönliche Beziehungen zu Kollegen aus Polen und der Bundesrepublik. Mit Letzteren traf er sich im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs, um sich über Forschungsprobleme auszutauschen. Da er wegen seiner Anstellung jedoch als "Geheimnisträger" galt, konnte er derartige "Westkontakte" nur heimlich pflegen. Diese Kontakte wurden durch einen Hausbewohner beobachtet und an die Staatssicherheit gemeldet.

Im Ergebnis intensiver Überwachungsmaßnahmen wurde gegen Dr. Werner Schulz Haftbefehl erlassen. Nach acht Monaten U-Haft im Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit am Demmlerplatz in Schwerin fand 1979 das Gerichtsverfahren gegen den allein erziehenden Vater statt. Dieses endete mit einem Schuldspruch wegen "Geheimnisverrats". Um welche Geheimnisse es sich dabei handelte, blieb allerdings offen. Nach der Haftentlassung durfte Werner Schulz zwar wieder in seinem alten Betrieb arbeiten, allerdings in einer anderen Abteilung und bei Kürzung seines Gehaltes.

Den Fall der Mauer empfand Dr. Werner Schulz als großes Glück. Zum einen erfolgte seine vollständige strafrechtliche Rehabilitierung. Zum anderen konnte er im 1991 neu gegründeten Geologischen Landesamt Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin als wissenschaftlicher Mitarbeiter frei wirken. Zahlreiche Veröffentlichungen folgten, vor allem Nachschlagewerke und Bestimmungsbücher. Sein 2003 veröffentlichter "Geologischer Führer für den norddeutschen Geschiebesammler" war das erste Buch, das sich mit kristallinen und sedimentären Geschieben beschäftigte. Er bereiste Mecklenburg mit Fachvorträgen und präsentierte noch 2016 öffentlich seine umfangreiche Gesteinssammlung.

Seit der Eröffnung des Dokumentationszentrums im Jahr 2001 unterstützte er als ehemaliger politischer DDR-Häftling die Bildungsarbeit an dem Ort, an dem er lange in U-Haft saß. Bis wenige Jahre vor seinem Tod sprach er in zahlreichen Zeitzeugengesprächen mit Jugendlichen und Erwachsenen über seine Lebensgeschichte, über politische Verfolgung und Inhaftierung am Demmlerplatz in Schwerin und später im Zuchthaus Brandenburg. Es war ihm ein großes Anliegen, besonders Jugendliche darüber zu informieren. Ganz nebenbei begeisterte er seine Gesprächspartner auch noch für Geologie. Sein bürgerschaftliches Engagement wurde mit der Einladung des Bundespräsidenten zum Bürgerfest im Schloss Bellevue gewürdigt.

In unserer Dauerausstellung ist das Verfolgungs- und Haftschicksal von Dr. Werner Schulz dokumentiert. Das Dokumentationszentrum wird die Erinnerung an Dr. Werner Schulz als unermüdlichen Aufklärer und Zeitzeugen von politischer Repression und Verfolgung in der DDR bewahren.


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